Railmen on tour – Mit dem Zug quer durch Kleinasien
Es ist ein ganz besonderer Reiz, ein Land auf Schienen zu entdecken. Für meine Reise durch die Türkei habe ich mich bewusst für die Eisenbahn entschieden – und es sollte ein Abenteuer voller Kontraste werden.
Istanbul – Tor zwischen zwei Kontinenten
Gestartet bin ich mit einem Flug von Berlin nach Istanbul. Drei volle Tage blieben mir, um in das pulsierende Leben dieser einzigartigen Metropole einzutauchen – eigentlich viel zu wenig Zeit für all die Schätze, die hier warten.
Unterwegs war ich auf typisch „Istanbul-Art“: mal mit der Metro, mal mit dem Bus, dann wieder mit der Fähre über den Bosporus. Und natürlich mit der Bahn – denn selbst in der Stadt atmet der Verkehr auf Schienen Geschichte.
- Hagia Sophia: Ein Bauwerk, das die Jahrhunderte überdauert hat. Im 6. Jahrhundert als Kirche errichtet, später zur Moschee umgewandelt, zwischenzeitlich als Museum genutzt – und heute wieder ein aktiver Gebetsort. Der Wechsel der Funktionen spiegelt die wechselvolle Geschichte Istanbuls wider.
- Süleymaniye-Moschee: Ein Meisterwerk osmanischer Architektur, das mit seiner schlichten Eleganz und Größe beeindruckt.
- Der Tünel: Diese Standseilbahn von 1875 gilt als zweitälteste U-Bahn der Welt nach der London Underground. Ein Stück lebendige Verkehrsgeschichte! Direkt anschließend wartet die nostalgische Straßenbahn, die sich klappernd und klingelnd durch die İstiklal Caddesi schlängelt – ein Muss für Bahnliebhaber.
Und dann ist da noch der Bosporus: die legendäre Meerenge, die Europa und Asien trennt und verbindet. Mit der Fähre hinüberzusetzen, ist wohl eine der schönsten Möglichkeiten, beide Kontinente an einem einzigen Tag zu betreten.
Mit Tempo ins Herz der Türkei – Istanbul nach Ankara
Nach den Erlebnissen in Istanbul hieß es: einsteigen in den Hochgeschwindigkeitszug. Auf der Strecke nach Ankara fahren moderne Velaro TR-Züge von Siemens – elegant, komfortabel und mit stolzen 250 km/h unterwegs. In nur fünf Stunden rauschten wir von der Marmara-Region in die Weite Zentralanatoliens.
In Ankara, der türkischen Hauptstadt, blieb ich zwei Tage. Auch hier verschmolzen Geschichte und Gegenwart auf faszinierende Weise:
- Anıtkabir: Das monumentale Mausoleum von Mustafa Kemal Atatürk, dem Gründer der modernen Türkei, ist zugleich ein Nationaldenkmal und Museum.
- Zitadelle von Ankara: Hoch über der Stadt thront die Festung, deren Wurzeln bis ins 8. Jahrhundert v. Chr. zurückreichen. Von hier oben eröffnet sich ein eindrucksvoller Blick über die Millionenstadt.
- Kocatepe-Moschee: Mit ihren vier schlanken Minaretten prägt sie die Skyline der Hauptstadt – die größte Moschee Ankaras.
Der Doğu Ekspresi – ein Traum für Bahnliebhaber
Das Highlight der Reise folgte zum Schluss: die Fahrt mit dem legendären Doğu Ekspresi. Ganze 26 Stunden lang rollt der Nachtzug von Ankara nach Kars – quer durch Zentralanatolien, vorbei an endlosen Hochebenen, verschneiten Bergen und einsamen Dörfern.
Für einen leidenschaftlichen Eisenbahnfreund wie mich ist das pure Glück: das gleichmäßige Rattern der Schienen, die vorbeiziehenden Landschaften im stetigen Wechsel, die Begegnungen mit Mitreisenden, die den Zug selbst zu einem kleinen Mikrokosmos machen.
Kars – am Rande Europas
Am Ziel angekommen, empfängt mich Kars – eine Garnisonsstadt im äußersten Osten der Türkei, nur wenige Kilometer von der armenischen und georgischen Grenze entfernt. Über Nacht bleibe ich hier, bevor ich am Morgen noch die Burg von Kars erklimme. Ihre wechselvolle Geschichte reicht zurück bis ins 12. Jahrhundert – sie wurde mehrfach zerstört, wiederaufgebaut und renoviert. Heute thront sie stolz über der Stadt und bietet einen weiten Blick über das anatolische Hochland.
Diese Reise quer durch Kleinasien hat mir gezeigt, wie faszinierend die Türkei auf Schienen zu entdecken ist: vom modernen Hochgeschwindigkeitszug bis zum romantischen Nachtzug, vom historischen Tünel bis zur nostalgischen Straßenbahn. Für Eisenbahnfreunde ist sie ein wahres Paradies – und für alle anderen eine Einladung, das Land aus einer ganz besonderen Perspektive kennenzulernen.